Als Pulver immer wichtiger wurde...
Um 1477 / 78, also kurz nach den erfolgreichen Burgunderkriegen, gab die Obrigkeit der Stadt Zug grünes Licht für eine Erweiterung der Stadtbefestigung. Angesichts der wirtschaftlichen Blüte fiel diese dritte Fortifikation sehr grosszügig aus.
Der neue Mauergürtel von insgesamt 850m Länge wies zehn Türme und fünf Tore auf und umschloss eine Fläche von fast 11 Hektaren.
Damit vergrösserte sich das ummauerte Stadtgebiet um ein Mehrfaches.
Der genaue zeitliche Ablauf ist nur noch vage nachvollziehbar. Es dürften drei bis vier Generationen damit beschäftigt gewesen sein. Als zu Beginn des 16. Jahrhunderts immer mehr junge Zuger als Söldner in fremde Dienste zogen, litt die Stadt zeitweise unter Arbeitskräftemangel.
Der Pulverturm wurde während der Reformationswirren von 1522 bis 1532 erbaut. Auch dieses stattliche Werk bezeugt, dass früher durch den raffinierten Einsatz von Flaschenzügen, losen Rollen und anderen einfachen technischen Mitteln grosse bauliche und architektonische Leistungen möglich waren.
Von der neuen Befestigungsanlage berichtet der Chronist: "1524 bauwte man die ringmauer vom grossen pulverthurm sambt den anderen thürmen gegen der leberen. 1522 ward der grosse pulverthurm zu Zug gegen St. Michael gebauwen, darmit etliche Jahr zugebracht worden, bis solcher seine vollkommenheit erreicht hat."
Obwohl die Erfindung des Schwarzpulvers auf das Jahr 1354 zurückgeht, dauerte es recht lange, bis es im Wehrwesen eine Rolle spielte. Seine Sprengkraft war gefürchtet, und die Verluste waren zu Beginn in den eigenen Reihen oftmals grösser als in denen des Feindes.
Die Erfindung des Luntenschlosses im Jahre 1453 bedeutete diesbezüglich zwar einen grossen Fortschritt. Doch die alten Eidgenossen verliessen sich vorher bei der Kriegführung auf ihre körperlichen Kräfte. Erst nach der Schlacht bei Marignano 1515 setzten Sie vermehrt auf Schusswaffen (Vorderlader). Bis zur Franzosenzeit standen verhältnismässig wenige Zuger Dienstpflichtige aus Stadt und Amt unter den Waffen
Mit Beginn des 17.Jahrhunderts wurde die Zusammensetzung der Zuger Truppen, soweit es um eidgenössische Einsätze ging, reglementiert. Das Kontingent betrug etwas über 600 Mann. Es dauerte aber bis Mitte des 18. Jahrhunderts, ehe ein erstes zugerisches Militärreglement ausgearbeitet war.
Während der Restauration und Regeneration wurden im 19.Jahrhundert die zugerischen Truppenbestände markant erhöht. Die Rauchschwaden, zum grössten Teil aus Schiessbaumwolle bestehenden Pulver kamen um die Mitte des 19.Jahrhunderts in Gebrauch. Ab 1868 wurden die Zuger Milizen mit Hinterladergewehren ausgerüstet.
Spärliche Quellen wegen Geheimhaltung?
Es ist erstaunlich, dass über den Pulverturm kaum amtliche Quellen existieren. Als das Schiesspulver strategisch und gewerblich (Sprengungen) mehr und mehr an Bedeutung gewann wurde es zusammen mit dem Zündstein auch ein wichtiges Handelsgut. Über die Bewirtschaftung und Organisation des Pulverturms liegen keine schriftlichen Quellen vor.
Vermutlich ist das ein Resultat der Geheimhaltung. Man sprach nicht über Pulver, man hatte es....
Ab 1907 ratterte während mehr als 50 Jahren täglich das Schönegg-Tram am Pulverturm vorbei. Seit 1959 verkehren, Autobusse auf der Strecke.
Furcht vor Explosionen
Nachdem 1684 der Pulverturm von einem Blitzschlag, der aber keinen weiteren Schaden verursachte, getroffen worden war, diskutierte die Obrigkeit über die Auslagerung des Pulvers: ohne konkretes Ergebnis. Wie in anderen Städten gab es auch in Zug eine Pulvermühle.
1731 explodierten in der Werkstatt von Josef Schönbrunner drei Zentner Pulver. Die Angst vor Explosionen ging immer um. Verschiedentlich mussten Handwerker, die in der Nähe des Turms Feuer entfachten, zu vorsichtigerem Umgang mit diesem Element ermahnt werden. Der Pulverturm blieb indessen über Jahrhunderte der sicherste Ort für das gefährliche Lagergut.
Selbst als sich an dieser Stätte 1813 eine Explosion ereignete, war noch kein Handlungsbedarf gegeben.
Erst 1857 - nach einem Brand in der Nachbarschaft - wurde in Berücksichtigung der Bevölkerungszunahme der Bau eines Pulvermagazins fernab von Anwohnern auf der Allmend beschlossen. Dieses "Pulverhüttli" konnte 1863 bezogen werden.
3'000 Pfund Pulver wurden vom Turm auf die Allmend umgelagert. In der Nachbarschaft des Pulverturms wurde 1897 das Kantonale Zeughaus bezogen.
Der Ernstfall fand nie statt!
Die Tatsache, dass die Stadt Zug nach der Errichtung der äusseren Stadtmauer nie belagert wurde und dieses Befestigungswerk somit nie eine Bewährungsprobe zu bestehen hatte, kommentierte ein Zuger Geschichtsforscher vor Jahrzehnten augenzwinkernd: "Der grösste Feind der Zuger blieb in all den Jahrhunderten immer das Feuer!"
Respekt vor alter Bausubstanz
Dass der Pulverturm heute noch steht, ist nicht eine Selbstverständlichkeit. Mit anderen alten Bauwerken ist man in früheren Jahren in Zug nicht so verständnisvoll umgegangen. Sie wurden vielfach gnadenlos dem Verkehr geopfert.
Nach dem Abbruch des Michaelstörlis und der anschliessenden Teile der Stadtmauer steht der Pulverturm seit 1885 frei. Ein Teil des Abbruchmaterials wurde für den Quaischutz am See verwendet.
Auch die Eröffnung der Schönegg-Tramlinie 1907 und die Verbreiterung der Zugerbergstrasse überstand der Pulverturm schadlos. Als Magazin für den Leichenwagen, für Ziegel, Steine und andere Güter erwies er sich nämlich als sehr nützlich.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlor er auch diese Funktion. 1989 wurde der Turm vor allem auch wegen der besonderen Dachstuhl-Konstruktion unter kantonalen Denkmalschutz gestellt und im darauffolgenden Jahr einer Aussenrenovation unterzogen.
Historisches Bewusstsein dank sinnvoller Nutzung
1998 beschloss der Grosse Gemeinderat der Stadt Zug ein neues Nutzungskonzept für den Pulverturm und bewilligte für die Ausgestaltung des mehrgeschossigen Innenraumes einen Kredit von annähernd 600'000 Franken. Der Turm weist einen Innendurchmesser von 8,50m auf. Zu unterst beträgt die Mauerdicke 2,70m!
Die Stadt setzte den Grossen, Allmächtigen und Unüberwindlichen Rat von Zug – GAUR als Kustos des Turmes ein.
Die Ursprünge dieser Gesellschaft, die seit Jahrhunderten aufs Engste mit der Stadt Zug verbunden ist, bleibt im Dunkeln. Sie war aber bereits im 15. Jahrhundert in Zug sehr aktiv und war damals massgeblich dafür besorgt, dass die Stadt Zug zu dem ihr zustehenden Teil der Burgunderbeute kam. Ihre Mitglieder legten überdies auch beim Bau des Pulverturms tüchtig Hand an.
"Der Grosse, Allmächtige und Unüberwindlichen Rat von Zug" sieht heute seine Hauptaufgabe vor allem in der Aufrechterhaltung des historischen Bewusstseins.
Der Untere Teil des Turmes kann dank der guten Infrastruktur (Heizung, sanitäre Anlagen, Lüftung etc.) auch von Privatleuten, Vereinen, Gesellschaften oder Firmen für die Durchführung der verschiedensten Anlässe gemietet werden.
Dank der Umnutzung hat auch der im Jahr 1878 gegründete Ornithologische Verein der Stadt Zug für seine rund 300 Mitglieder ideale Räumlichkeiten unter dem Dachgeschoss gefunden. Dieser Verein leistet für das Verständnis der Vogelwelt sehr wertvolle Arbeit. Von ihm werden der Fasanengarten und die Voliere am Landsgemeindeplatz sowie der Hirschgarten am See und das Hirschgehege auf dem Gottschalkenberg betrieben. Diese Einrichtungen erfreuen sich bei der Bevölkerung grosser Wertschätzung.
Der Ornithologische Verein unterhält im Pulverturm neben dem Schulungsraum auch eine kleine Schreinerei, eine Fachbibliothek sowie eine Sammlung von Tierpräparaten. Im Turm befindet sich auch der städtische Taubenschlag. Überdies quartiert sich alljährlich eine Kolonie von Mauerseglern vorübergehend im Pulverturm ein.
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